Mit drei Österreicherinnen auf Abwegen im Jura...

vom 29.05.2003 bis 01.06.2003

Eigentlich wollen wir unsere drei neuen Lieblinge aus Österreich mit frischem Schuhwerk nur mal ordentlich ins Gelände führen und testen, wie reisetauglich sie wirklich sind. Nein- wir sind nicht dem ultimativen Gruppenzwang verfallen. Der Kauf der identischen und gleichaltrigen KTM Adventure ist das Resultat von langen Diskussionen und Vergleichen im letzten Winter für einen Trip nach Afrika. Einfach ein fertiges, sportliches Motorrad für schwierige Strassen und offenes Gelände, dazu noch genügend Reichweite sollte es sein.

Da die Verbotsschilder in der Ostschweiz auf Feldwegen genauso häufig sind wie die Wege selbst, haben wir uns entschlossen, in den französisch- schweizerischen Jura zu flüchten.
Die Seele schmerzt während der Fahrt auf der langweiligen Autobahn, da die frisch montierten Stollenpneus einen jämmerlichen Gesang von sich geben. Doch auch diese Ausdauer müssen wir für unsere nächste Reise kennen! Denn ein weiteres Motto lautet: „So leicht wie möglich“. Da möchten wir nicht noch ein Stapel frischer Finken mitschleppen...
Die Adventure ist von sich aus wie geschaffen für Afrika, natürlich findet ein Mechaniker immer noch ein paar Sachen, die noch optimiert werden können. So haben die drei einen ausgeprägteren Motorschutz mit Hohlraum für Werkzeuge bekommen. Weiter wurde für das weiche Gepäck am Heck ein Träger aus Kantrohr montiert. Da wir noch nicht versierte Crossfahrer sind eignet sich dieser auch vorzüglich als Rettungsgriff, falls das Motorrad mal aus der Bahn kommt. So gerüstet machen wir uns auf in den „wilden“ Jura.

Halt- natürlich wollen wir nicht Wiesen und Acker durchwühlen! Nein, die bestehenden Wege und Traversen sind unser Ziel! Mit entsprechend genauen Karten dürfen die gefundenen Wege ohne richterliches Verbot befahren werden.
Etwas übermütig befahren wir am ersten Tag den westlichen Teil vom Neuenburgersee. Da müssen wir aber schnell erkennen, dass die Feldwegpassagen mit vielen Wanderer gespickt und mit ihrer geringen Länge nicht ganz unserem Geschmack entsprechen. Dennoch ging bei der rasanten Fahrt der erste Scheinwerfer zu Bruch. Ja die KTM hat wirklich genügend Power am Hinterrad, was der Michelin Desert in den Teerstrassenkurven mit einem schwarzen Stollenmuster dankt! In Les Cluds, Belroche und Les Ponts St.Martel sahen wir noch Crosspisten , die leider an Heilig Auffahrt geschlossen waren. Dies wäre wohl ein Heidenspass geworden! Als kleine Krönung treiben wir unsere Strassenpartnerinnen auf den französischen Mont d`Or, der vom gleichnamigen Käse her bekannt ist. Die letzten Meter zu Fuss bescheren uns einen imposanten Weitblick. Das morgige Fahrgebiet können wir im Südwesten gut erkennen.
Müde und verschwitzt kehren wir wieder zurück nach Neuenburg. Oberhalb der Stadt liessen wir den Tag mit herrlicher Sicht auf den Neuenburgersee, Weisswein und einem guten Kräuterfondue Revue passieren.
Aufgrund des tollen Wetters beschliessen wir, anderntags gleich mal im Grünen zu übernachten.

Nach einem „wärschaften“ Frühstück geht’s gleich wieder auf die geländewilligen KTM`s. Die Nachbarn werden auch gleich neugierig, da der kernige Sound doch nicht ganz im Vogelgezwitscher unter geht. In der Westschweiz hat man auch Ohren für anderes…

Heute ist das Gebiet westlich vom Lac de Joux im Programm. Unterwegs ein Kaffeepäuschen im Restaurant “Hut des Napoleon“, hoch über dem Städtchen Fleurier mit seiner grandiosen Aussicht ins Val de Travers. Dann, auf einem frischbefahrenen Holzweg, probieren wir unser Geschick erneut. Spurrillen und die klebrige Erde verlangen viel von unserem Geschick. Doch es reicht noch nicht und kurze Zeit später hocken wir atemlos in einer Lichtung- Einbahn! Gore-Tex-Jacken sind dicht- auch von innen! Die „Deserts“ sind wohl auch für die Langlebigkeit und nicht für feudalen Erdspass vorgesehen. Werden wir Regenzeit in Afrika haben?

Um den grossen Durst zu stillen, schnell ins französische „Mouthe“. Am Strassenrad stehend werden die langbeinigen, erdfarbenen Enduros auch wieder staunend ins Visier genommen. Die Franzosen sind fürs Offroaden zu begeistern...
Nach der notwendigen Erfrischung beschäftigen wir uns wieder für Stunden mit den Wegen Richtung Lac de Joux, bis wir offiziell über die Schweiz irgendwie wieder in Frankreich landen. Hat wer Verbots- oder Grenzschilder gesehen…? Diese Strecke hat es in sich, tiefe vom Forstverkehr ausgefahrene Matschpisten und Zäune. Diese lassen sich auch gut öffnen und wieder schliessen. Zum Glück ist es nicht mehr Feiertag, da sonst die Wanderer auf den grünen Pfaden doch von der Herde wilder KTM erstaunt wären.


In Les Hôpitaux neufs ist es langsam Zeit, etwas zwischen die Zähne für den Abend zu kaufen. Wein, Brot und möglichst grosse Koteletts ist doch eine gute Mischung, oder? Bis zur Nachtruhe ist es aber noch ein langer Weg.
Irgendwie finden wir die auf der Karte eingezeichnete Strasse, die in die Schweiz rüber führen sollte, nicht. Vielleicht haben wir sie verpasst? Auf jeden Fall landen alle drei auf einer Fährte, die wohl ein Traktor vor ein paar Jahren gelegt hat. „Da kommt man doch locker mit der Österreicherin durch!“ Zum Teil sind die kantigen Jurakalksteine und Sumpflöcher im Gras nicht mehr sichtbar, einen „Biss ins Gras“ bleibt nicht aus - wir können ja noch soooo viel lernen!

Besonders gemein stellen sich feuchte Holzstämme heraus, die auch immer in den strategisch kniffligen Passagen vorkommen. Irgendwann gegen Abend als jeder schon mehrere ermüdungsbedingte Tiefs durchmachte, treffen wir wieder auf eine Kiesstrasse. Man freut sich plötzlich an kleinen Dingen! Diese führt einerseits in die Schweiz, was jedoch verboten ist und andererseits über einen Bogen zurück ins „Niemandsland“. Also zielen wir Richtung Schweiz. Zum grünen Grenzübertritt kommt es jedoch nicht, weil ein rot-weiss gestreiftes Auto auf der Kreuzung steht. Diese Diskussion wollen wir vermeiden und kehren schnurstracks wieder um. Unsere Nummernschilder waren gewiss nicht leserlich…?

Im „sicheren“ Frankreich suchen wir ein schönes Plätzchen für die Nacht im Zelt. Nein, es ist noch nicht 1.August, doch das Feuer sieht so aus. Mit der schönen Glut und Spiessen wird der Z’nacht zubereitet- die zwei Flaschen Wein sind doch etwas knapp! Auf der mitgebrachten Afrikakarte werden verschiedene Szenarien diskutiert ... Ein äusserst lehrreicher Tag neigt sich dem Ende zu …. so suchen wir langsam die verdiente Nachtruhe.


Am nächsten Morgen wecken uns die Vögel mit überlautem Gesang. In der Lichtung pfeift und zwitschert es, bis sie von den drei Reisemobilen übertönt wurden.
Diesmal ist die Strassenkreuzung „leer“. Ein Alpaufzug „a la Welsch“ bringt den nötigen Ausgleich- kein Jodel dafür Lastwagen, Traktor und Weisswein- jeder wie er es mag! Durch viele Weidezäune und guten Kiesstrassen geht’s rasant weiter. Die verwinkelten Strässchen machen riesen Spass - bis uns ein Subaru abrupt stoppt: „Arretes!“ Ein grimmiger Grenzbeamter gefolgt von einem Soldat mit Gewehr befehlen uns zum absteigen. Jetzt ist gutes Französisch angesagt! Bald erkennen die Grenzwächter, dass wir nicht G8- Gegner auf Hinterpfaden sind und lassen uns weiterfahren- zurück nach Frankreich. Etwas später winken bei einer Alphütte Leute so heftig mit der Weinflasche, dass wir nicht widerstehen können und uns zu ihnen gesellen. Schnell kommen wir ins Gespräch und bleiben eine schöne Zeit hängen- soviel zur Endurofreundlichkeit in der Westschweiz.
Zurück in Neuenburg wurden die flotten Adventure in eine Waschanlage gesteckt- und siehe da, die KTM typische Bemalung glänzte wieder auf.

Dieser Trip brachte uns die nötigen Erkenntnisse, welche Schwächen an Mensch und Maschine in den verbleibenden fünf Monaten, für den grossen Trip nach Afrika, verbessert werden müssen.
Das richtige Motorrad allerdings haben wir bereits....


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